Mein erstes Mal 10 Kilometer Laufen - verdammt, ich habe es geschafft!

Englischer Garten, München Ich habe es tatsächlich geschafft! Ich bin 10 Kilometer gelaufen. © www.ichmachdannmalsport.de/Nina-Carissima Schönrock

Gewinnen oder verlieren ist so schwer oder so leicht, wie wir es uns machen! Nach einer tiefen Sinnkrise am vergangenen Wochenende und lieben, bestärkenden Worten meiner Mitstreiter aus dem Team “Heimlich Sieger” wollte ich es wissen. Ich wollte es mir selbst beweisen. Die motivierte, energiegeladene, positive Nina wollte es der zweifelnden, kritischen Nina zeigen. Ihr vor Augen führen, was sie schaffen kann, wenn sie nur an sich glaubt. Also habe ich meine Laufschuhe angezogen. 10 Kilometer Laufen später dachte ich, ich spinne.

Was für eine Nummer war das denn bitte …? Ich bin gelaufen. 10 Kilometer. Ausgerechnet der Lauf, der aus meiner reinen Trainingsverzweiflung heraus resultierte, wurde nun mein Grenzenbrecher. Ich bin sprachlos, nicht zuletzt aufgrund der Anstrengung und des damit verbundenen Muskelskaters. Hättet ihr mir gesagt, dass ich das schaffe, hätte ich den Kopf geschüttelt und laut “Nein” gerufen. Ihr habt es mir gesagt. Ich habe den Kopf geschüttelt. Und ich habe mir vorgenommen: Ich werde nie wieder laut “Nein” rufen.

Was geht da nur immer wieder ins uns vor?

“Wenn du das Gefühl hast, es geht nicht mehr, kann du in dem Moment noch mal genau das Gleiche leisten!” – Diese Worte hat mal ein Trainer an Olympiaturner Fabian Hambüchen gerichtet. Was auf den ersten Blick ein wenig vermessen wirkt, ergibt beim zweiten Hinschauen durchaus Sinn. Natürlich schaffe ich heute nicht 10 Kilometer Laufen, nur weil ich es neulich mit Müh und Not auf 5 Kilometer gebracht habe. Ich kann meine körperliche Leistung nicht in jedem Fall verdoppeln.

Meine geistige Leistung hingegen schon: Wenn ich es beim letzten Mal geschafft habe, mich 4 Kilometer lang zu motivieren und mir einzureden, dass ich es schaffe, und noch ein bisschen weiter schaffe, und vielleicht sogar die 6-Kilometer-Marke knacke, dann komme ich an den Punkt, an den ich mir denke: 4 von 6, das ist schon eine ganze Menge. Die restlichen zwei Kilometer schaffe ich auch noch.

Motiviere ich mich statt über eine Dauer von 5 Kilometern Strecke einfach doppelt so lang, bedeutet das, dass ich einen 10-Kilometer-Lauf absolvieren könnte. Wenn auch unter Schweiß und Tränen. Weil ich es mir selbst zugetraut habe und dran geblieben bin. “Verfolge deinen Traum. Egal was kommt”, heißt es ja auch in unserem Team.

Dein Kopf muss tun, was dein Kopf tun muss

Ich darf nicht kapitulieren, wenn mein Kopf das erste Mal anklopft und kundtut, dass es seiner Meinung nach genug ist und der Körper nun sicherlich lieber wieder seine Ruhe haben möchte. “Das war jetzt ganz nett, aber mal ehrlich, wir haben nun gesehen, dass du Laufen kannst. Jetzt ist auch wieder gut, das kann doch nicht gesund sein, übertreib es nicht, nachher sieht uns noch jemand, was sagen nur die Nachbarn!” Manchmal klingt mein Kopf wie meine Großmutter früher.

Aber hey, laufen die Nachbarn für mich den 10-Kilometer-Lauf in Berlin im Oktober? Nein. Entlocken mir die Nachbarn Glücksgefühle und sorgen dafür, dass ich vor Stolz platze? Nein. Muss ich mir von meinen Nachbarn vorschreiben lassen, was ich kann und was ich nicht kann? Nein. Bringt mich das Genörgel meiner Nachbarn in irgendeiner Weise meinem Ziel näher? Nein. Meine eigene Disziplin, das Vertrauen in mich selbst, in mein Training und meine Leistung – das alles bringt mich weiter. Nicht nur im übertragenen und mentalen Sinn, sondern auch ganz platt bildlich auf meinen großen Lauf angewendet.

Was ich mir dabei immer wieder vor Augen führen muss: Ich trainiere mit Freude. Es macht mir Spaß, was ich da tue. Ganz egal, wie anstrengend es ist. Niemand zwingt mich dazu. Ich trainiere aus freien Stücken, weil ich das will. Ich bin stark, meist stärker als ich glaube. Wenn ich selbst nicht an mich glaube, wer soll es denn dann? Ich kenne mich besser als jeder andere auf diesem Planeten. Natürlich kenne ich meine Schwächen, aber auch meine Ausreden. Ich weiß, was ich schon alles erreicht habe und warum ich es erreicht habe. Weil ich gekämpft habe. Nicht mit Ellenbogen, sondern mit Überzeugungen.

Eine positive Einstellung ist harte Arbeit, wenn überall Neid und Eifersucht lauern

Wie oft mir schon unterstellt wurde, mir würde alles zufliegen. Dass ich es leicht im Leben hätte. Dass ich nicht wisse, wie es sei, wenn man sich wirklich etwas erarbeiten muss. Dass ich nicht wisse, wie es sei, übergangen zu werden. Dass ich nicht wisse, wie sich Rückschläge anfühlen. Dass ich mir meine Erfolge über Intrigen und zum Leid anderer verschafft hatte. Was für ein Bullshit.

Früher habe ich mir über sowas unzählige Gedanken gemacht. Ich bin ein sehr harmoniebedürftiger Mensch und lege daher großen Wert darauf, mit anderen gut auszukommen. Und auf die Wahrheit. Neid, Hass, Eifersucht – das waren für mich als Kind Gefühle, die ich nicht kannte und nicht verstanden habe, warum Menschen so empfinden. Man kann sich ja auch mit jemandem darüber freuen, dass er etwas Bestimmtes bekommt, besitzt oder erreicht.

Man kann denjenigen fragen, wie die Geschichte dazu lautet, anstatt sich selbst eine völlig falsche Version zu überlegen und fest an diese zu glauben. Doch wenn man hinter eine Geschichte, einen Vorfall oder eine Entscheidung blickt und mit dem Betroffenen spricht, der in einem solch große Emotionen wie Wut oder Ärger auslöst, müsste man womöglich erfahren, dass der Sachverhalt ein ganz anderer ist als der, den man sich bereits zurechtgelegt hat.

Rechtfertigungen lenken dich nur ab

Wie oft habe ich es schon erlebt, dass eine unglückliche Verkettung von Ereignissen einen gravierend falschen Eindruck erweckt hat. Nicht nur bei mir, sondern auch bei anderen Menschen. Mindestens zwei (ehemaligen) Arbeitskolleginnen würde ich noch heute gern erklären, warum die Dinge so sind, wie sie nun mal sind. Dafür müsste das Gegenüber die Erklärung aber hören wollen. Und da sind wir nun mal alle nur Menschen: Sensibel und auf ein freundliches Umfeld und eben auch unser eigenes Wohl bedacht.

Berufsbedingt habe ich gelernt, mir Informationen aus erster Hand zu verschaffen, Primärquellen zu befragen, und mich nicht auf Flurfunk und die Behauptungen anderer zu verlassen. Eine sehr wichtige Erkenntnis ist das, wenn man einen ehrlichen und transparenten Weg gehen möchte im Leben. Eine inszenierte Show hilft auf lange Sicht niemandem dabei, sich gut zu fühlen oder glücklich zu werden.

Was aber gut tut: Wenn man regelmäßig in sich hineinhört, sich selbst aufmerksam zuhört und mit sich selbst in den Dialog tritt. Was brauche ich? Was fühle ich? Was wünsche ich mir?

10 Kilometer Laufen waren für mich undenkbar

Ich habe mir gewünscht, bis zum 14. Oktober fit genug zu sein für den Bridgestone Great 10k in Berlin. Ich wollte in Form sein, schlank, trainiert, ehrgeizig, taff, optimistisch. So dass ich zum einen wirklich die gesamte Strecke schaffe, zum anderen aber auch eine gute Zeit hinlege und gemeinsam mit meinem Team eine tolle Zeit habe.

Ich habe zwischendurch den Glauben an mich verloren, ihn zurückgewonnen und wieder verloren. Erik, ein Leser von “Ich mach dann mal Sport”, hat mir geschrieben, dass mein Körper sehr wohl alles leisten kann, wenngleich ich im Moment mehr Frust als Motivation empfinde. Dass eine kleine Pause vielleicht sogar ganz gut und produktiv sei. Er hatte recht. Mein “Trotzlauf”, den ich in erster Linie gestartet hatte, um mich überhaupt mal wieder zu bewegen, verlief gut.

So gut, dass ich mir immer wieder gesagt habe: “Ein bisschen noch. Nur noch bis zum XY!” Und so ging es Kilometer für Kilometer voran. Nur noch bis zur Isar. Nur noch bis zum Englischen Garten. Nur noch bis zum Chinesischen Turm. Oder gleich zum See. Nur noch bis zur Uni. Ach, dann eben noch zum Odeonsplatz. Über den Hofgarten zur Bushaltestelle, dann ist es gut für heute. Und an der genannten Bushaltestelle, mit freier Sicht auf den Friedensengel, zeigte mein Tracker genau 10 Kilometer an. Ich habe es geschafft. Das für mich Unvorstellbare gehört nun zu meinen persönlichen Erfolgen. Ja, sowas geht. Und das dürfen wir niemals vergessen.

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